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Warum Israel den Medienkrieg verliert
Eine dreimonatige Untersuchung deckt die eigentlichen
Gründe für die Sympathien der Medien gegenüber den Palästinensern
auf. - Erster Teil eines vierteiligen Reports auf Nahost Focus.
Von David Margolis, "The Jewish Week",
Übersetzung: Nahostfocus.de
Mitte April 2001 zerriss ein "Arbeitsunfall" in einer Bombenfabrik, den
palästinensische Sprecher fälschlicherweise als israelischen Raketenangriff
bezeichneten, das Hauptquartier der Force 17 in Ramallah. Als Medienleute
am Schauplatz erschienen und sich an ihre Arbeit machten, beschlagnahmte palästinensisches
Sicherheitspersonal auf harte Art und Weise die Filme der Fotografen und
Kameraleute.
"Sie machten sehr deutlich", sagte Mark Lavie von der "Associated Press",
dass jeder, der Widerstand leistet, "keinen glücklichen Tag haben würde".
Das Ergebnis war, dass keine Bilder der Explosion auf den Fernsehbildschirmen
erschienen. Einige Nachrichtenagenturen machten sich nicht einmal die Mühe,
über die Beschlagnahmung des Filmmaterials zu berichten. Doch die falsche
Behauptung, es hätte ein israelischer Raketenangriff stattgefunden,
hielt sich in den nächsten ein bis zwei Tagen in den Medienberichten.
Wenn man das Meer von einzelnen Vorfällen betrachtet – sehen dann solche
angehäuften Versäumnisse und Nuancen wie eine systematische Voreingenommenheit
der Medien zu Israels Ungunsten aus? Beeinflussen einzelne Medien die Nachrichten
gezielt zum Vorteil der palästinensischen Seite? Oder ist die anti-israelische
Voreingenommenheit der Medien ein Mythos und die Reporter sind nur unter ständigem
Druck, die ersten bei der Sendung der aktuellsten Nachrichten zu sein und
ihr Bestes zu geben, um schnell wechselnde und sehr emotionale Ereignisse
zu erklären?
Eine dreimonatige Untersuchung der ausländischen Presse in Israel zeigt,
dass einige ausländische Korrespondenten ihre persönlichen Sympathien
in die Nachrichten einbringen. Bedrohlicher für die genaue Berichterstattung
ist jedoch der Erfolg der palästinensischen Autonomiebehörde, durch
Einschüchterung von Journalisten und Manipulation des journalistischen
Prozesses sicher zu stellen, dass ihre Version der Ereignisse auf westlichen
Fernsehbildschirmen und in dortigen Zeitungen dominiert.
Unterdessen liefern Israels Bemühungen, die Nachrichten zu vermitteln
– unwirksame Bemühungen, wie selbst Ariel Sharons Medienchef bestätigt
- einen weiteren Grund dafür, warum Israel den Medienkrieg zu verlieren
scheint.
Behinderung und Einschüchterung
Nach Augenzeugenberichten waren palästinensische Polizisten und Demonstranten
während des Lynchmordes an zwei israelischen Soldaten am 12. Oktober
2000 in Ramallah eifrig darauf bedacht, das Ereignis von den Weltmedien fernzuhalten
und haben deshalb Journalisten geschlagen, getreten und sogar mit Messern
bedroht, um deren Filmmaterial zu beschlagnahmen. Eine örtliche Photographin
einer großen amerikanischen Tageszeitung wurde von der palästinensischen
Polizei daran gehindert, nach den Morden den Freudentanz der Menge aufzuzeichnen.
Unheilverkündend fügt sie an, dass es "meine Sicherheit gefährden
würde, wenn ich mit Namen genannt werde". Wie viele andere Journalisten,
die für diesen Artikel befragt wurden, bat sie deshalb, ihren Namen
nicht zu erwähnen.
Als die Aufzeichnung einer italienischen Nachrichtencrew nach dem Lynchmord
weltweit übertragen wurde, schrieb der italienische Journalist Ricardo
Cristiano – der anscheinend besorgt war, dass er mit der Crew in Verbindung
gebracht werden könnte - einen Entschuldigungsbrief an Al Hayat, die
offizielle Zeitung der PA, in dem er versprach, die journalistischen "Regeln"
der PA zu "respektieren".
Im März 2001 herrschte eine angespannte Atmosphäre, belastet durch
Verdächtigungen und Feindschaft. Marwan Barghouti, der Führer der
PA-Tanzim-Miliz, schickte die dringende Warnung an israelische Journalisten,
dass sie getötet werden könnten, falls sie den Gazastreifen betreten
würden. Seit diesem Zeitpunkt bleiben israelische Journalisten entweder
zuhause oder sie gehen sicher, dass sie von Palästinensern begleitet
werden, die gute Beziehungen haben.
Barghouti kündigte außerdem jedem Palästinenser, der mit
israelischen Nachrichtenleuten kooperieren würde, an, dass er Schaden
nehmen werde und erhöhte damit die Gefahr für palästinensische
Journalisten, die sowieso schon lange dadurch, dass ihre Berichterstattung
einem hohen Offiziellen missfallen oder als schädlich für die palästinensische
"Sache" betrachtet werden könnte, unter impliziter oder expliziter Bedrohung
gelebt haben.
In Kürze: die palästinensische Kampagne der Medienkontrolle durch
Gewalt oder Drohungen war zwar nicht neu, ist jedoch inzwischen wesentlich
intensiver geworden. Da die Kampagne weitgehend auf Journalisten vor Ort beschränkt
ist, wird sie von Journalisten im Ausland im allgemeinen übersehen. Weil
der Medienkrieg weniger ein Krieg mit Worten als vielmehr mit Bildern ist,
sind ausländische Printjournalisten tatsächlich diejenigen, die
den Druck am wenigsten zu spüren bekommen. Und wenn sie ihn bei dieser
oder jener Gelegenheit doch bemerken, zucken sie in der Regel mit den Achseln,
da sie ihn als für die Nachrichten unbedeutend und wirkungslos betrachten.
Das bedeutet jedoch nicht, dass palästinensische Einschüchterung
nur ein lokales Thema ist. Das ist es ganz und gar nicht. Da der Prozess der
Sammlung von Nachrichten und deren Verbreitung an westliche Medien nun hauptsächlich
von palästinensischen Journalisten durchgeführt wird, haben deren
Verbündete und der auf sie ausgeübte Druck eine entscheidende Wirkung
darauf, wie die Nachrichten aus Israel weltweit berichtet werden.
Die palästinensische Autonomiebehörde hat gemäß des
Committee for the Protection of Journalists (CPJ, zu Deutsch: Komitee für
den Schutz der Journalisten) "die Kritiker in der lokalen Presse durch willkürliche
Verhaftungen, Drohungen, physischen Missbrauch und die Schließung von
Absatzmärkten für Medien mundtot gemacht" und dadurch die meisten
palästinensischen Journalisten aus Furcht zur Selbstzensur getrieben.
Es ist eine Situation wie bei der Mafia, sagt ein palästinensischer
Journalist
"Es ist eine Situation wie bei der Mafia", bestätigt ein palästinensischer
Journalist und zitiert andere Journalisten, die "sogar durch ranghohe Beamte
wie (den Kommandanten des präventiven Sicherheitsdienstes der Westbank
Jibril) Rajoub und Barghouti bedroht und geschlagen und zum Ziel von Morddrohungen
geworden waren. Und sie erzählen niemandem davon", fügt er hinzu,
weder ihren Arbeitgebern noch professionellen Organisationen, denn jede Beschwerde
würde die Gefahr, in der sie stehen, nur vergrößern. Und
wenn Offizielle dadurch berührt werden, könnte es außerdem
ihren Arbeitsplatz kosten.
Die 220 Mitglieder der "Foreign Press Association" (zu Deutsch: Ausländische
Pressevereinigung) haben die palästinensischen Einschüchterungen
auf Journalisten weder untersucht noch irgendwelche Aktionen dagegen unternommen.
Ein ausländischer Korrespondent schnaubt deswegen vor Wut: "Die FPA
hat von der PA noch längst nicht genug bekommen."
Bill Orme, Korrespondent der New York Times und Mitglied des FPA-Vorstandes,
überwacht die Probleme der Pressefreiheit und des Pressezutritts – "nicht
der Voreingenommenheit der Presse", fügt er schnell hinzu. Er bestätigt,
dass die FPA noch nicht in das Thema der Einschüchterungen "eingestiegen"
ist. "Wir sind eine Mitgliederorganisation, wir reagieren auf Beschwerden",
erklärt er. Solange die FPA keine Beschwerden hinsichtlich der Einschüchterungen
erhält, ignoriert sie dieses Thema.
Gewalt gegenüber Journalisten geschieht jedoch nicht nur auf der palästinensischen
Seite. Beinahe zwei Dutzend Journalisten –die meisten von ihnen Palästinenser-
wurden von israelischen Soldaten getroffen. Unter ihnen auch Ben Wedeman
vom CNN, der in Gaza am Rücken verwundet wurde. Einige sind schwer verletzt
worden. In nur einem oder zwei Fällen resultierte die Untersuchung der
IDF darin, den Täter zu ermitteln und zu bestrafen.
Journalisten wollen dort sein, wo etwas geschieht – sie wollen sehen, wie
die Kugel aus dem Gewehrlauf kommt
Rana’an Gissin, Premierminister Ariel Sharons Berater in Sachen Auslandspresse
und Öffentlichkeitsarbeit, sagt, das Problem sei, die Journalisten "wollen
dort sein, wo etwas geschieht – sie wollen sehen, wie die Kugel aus dem Gewehrlauf
kommt". Weil sie in der Schusslinie arbeiten ist es für die Soldaten
schwierig, sie von den anderen zu unterscheiden, sagt er.
Gemäß des CPJ haben israelische Sicherheitskräfte und Siedler
Journalisten geschlagen, die über politische Gewalt berichten und in
manchen Fällen haben israelische Soldaten zugesehen. Paul Adams vom
BBC berichtet, dass seine Kameramannschaft in Elon Moreh, einer Westbank-Siedlung,
von Juden hart angepackt und dass die Reifen seines Wagens aufgeschlitzt
worden waren. (Adams wurde auch von Palästinensern in Bethlehem zusammengeschlagen
und er und seine Kameramannschaft waren gezwungen zu fliehen. Über das
Ereignis in Elon Moreh wurde in einer Sendung des BBC berichtet, über
dasjenige in Bethlehem nicht.)
Während die FPA ihr Schweigen bezüglich palästinensischer
Einschüchterung auf Journalisten aufrecht erhält, protestiert sie
heftig mit Briefen an hohe Regierungsbeamte gegen die israelische Gewalt
gegenüber Journalisten. Keiner der interviewten Journalisten glaubt
jedoch, dass Schießereien von israelischen Soldaten die Politik der
israelischen Regierung repräsentiert oder dass Soldaten sie beschießen,
weil sie Journalisten oder gar weil sie Individuen sind.
Israelische Offizielle bedrohen auch keine Journalisten. Sie ergreifen keine
Sanktionen gegen diejenigen, deren Berichterstattung ihnen missfällt
und sie üben keine Kontrolle aus über das, was die Journalisten
schreiben.
Dies sind jedoch genau die Methoden, die der palästinensischen Autonomiebehörde
geholfen haben, eine Menge von dem festzulegen, was Amerikaner und Europäer
als "Nachrichten aus Israel" sehen und lesen.
Das Produzieren von Nachrichten
Als der palästinensische Aufstand weiter wütete, wurden die Worte,
die darüber geschrieben und besonders die Bilder, die darüber gezeigt
wurden, zum größten Teil von Palästinensern geformt.
Wie kam eine solch außergewöhnliche Situation zustande?
Diejenigen israelischen Journalisten, die noch in palästinensische Gebiete
gehen, gehen sicher, dass sie von Palästinensern begleitet werden, deren
Beziehungen zu Sicherheitsdiensten sie schützen können.
"Doch wenn Sie von so jemandem begleitet werden, sind Sie in dem, was Sie
sehen und was Sie berichten können, eingeschränkt", zeigt Khaled
Abu Toameh, ein palästinensischer Reporter für israelische, amerikanische
und arabische Medien auf. "Es ist in etwa so wie in Syrien oder im Irak, wo
Sicherheitsleute ständig ausländischen Journalisten folgen."
Ausländische Journalisten –viele von ihnen gehen gar nicht an den Ort
des eigentlichen Geschehens- sind im allgemeinen auf die Informationen der
palästinensischen Lokalreporter angewiesen.
"Die palästinensischen Lokalreporter füttern die ausländische
Presse mit Material, das für die PA akzeptabel ist", sagt Abu Toameh.
Ein Journalist, fügt er hinzu, ist "vollkommen in ihren Händen."
Ausländische Journalisten sind auch auf palästinensische Helfer
angewiesen, die "Fixer" genannt werden. Sie kennen die Sprache, garantieren
leichten Zugang zu wichtigen Personen und Ereignissen und arrangieren alles,
was ein Reporter braucht, angefangen von einem Fahrer bis hin zu einem Übersetzer.
Diese "Fixer" sind keine professionellen Journalisten. Sie sind oft mit einer
politischen oder mit einer Sicherheitsgruppe verbündet – Teil ihres
Jobs ist es, ihre Ansicht aufzudrängen.
Was die Bilder angeht, so sind 80 Prozent der Kameraleute, die in der PA
arbeiten, Palästinenser. So schätzt eine Journalistin einer holländischen
Agentur und folgert: "Demnach stammen die Bilder mit all ihrem Pathos und
Drama von der palästinensischen Seite."
95 Prozent der Bilder werden von palästinensischen Filmcrews geliefert
Ihre Schätzung ist zu niedrig. Ehud Ya’ari, ein Veteran unter israelischen
Kommentatoren, schätzt, dass "über 95 Prozent" der Bilder, die an
ausländische und israelische Sender geliefert werden, von palästinensischen
Filmcrews kommen.
In einem kürzlich erschienen Artikel im "Jerusalem Report" schrieb Ya’ari,
dass die Palästinenser nun tatsächlich die Berichterstattung über
die Intifada kontrollieren. Die meisten Informationen, die aus der Gegend
kommen, wurden –egal welcher Art sie sind- von Palästinensern gefiltert
oder in erster Linie von Palästinensern zusammengestellt."
In Kürze: Nachrichten aus Israel werden von Menschen geliefert, die
der PA gegenüber loyal sind und Angst vor ihr haben.
"Sie trauen sich einfach nicht, etwas zu filmen, das für die PA peinlich
sein könnte", beendet Ya’ari seinen Artikel. "Somit sind die Kameras
darauf ausgerichtet, die Schandflecken der israelischen Armee zu zeigen, sie
sind niemals auf palästinensische Schützen gerichtet. Und sie sind
sorgfältig darauf bedacht, eine besondere Art Großaufnahmen von
der Situation vor Ort zu bringen."
Ya’ari selbst geht nicht in palästinensisches Gebiet. Doch Abu Toameh
tut dies. Und er nennt Ya’aris Analyse "200 Prozent korrekt".
Doch sind die ausländischen Korrespondenten –Journalisten, die am oberen
Ende der Karriereleiter stehen- so träge oder so leicht für dumm
zu verkaufen, dass sie die Propaganda als Wahrheit akzeptieren?
Ohne Zweifel gibt es einige, die so sind. Doch Fiamma Nirenstein, Korrespondentin
der italienischen Tageszeitung "La Stampa", bietet eine andere Theorie dafür,
warum Korrespondenten Israel so oft teilnahmslos gegenüber stehen. Die
Journalisten, so nimmt sie an, sind Opfer ihrer eigenen, nahezu einheitlichen
"Vorlieben", die Ereignisse innerhalb eines linken, pro-palästinensischen
und oftmals unrealistisch romantischen Rahmens zu betrachten.
Das heißt, viele Korrespondenten akzeptieren, was aus palästinensischen
Quellen kommt, weil sie von sich aus dazu neigen, die Ereignisse in ähnlicher
Form darzustellen.
Die Denkweise des Journalisten
"Ein ausländischer Journalist, der behauptet, er sei ‚objektiv‘, ist
entweder langweilig oder ein Lügner", erklärt Sam Kiley von der
London Times. "In diesem Konflikt gibt es eine Menge Wahrheiten."
Viele stimmen darin überein, dass die ausländische Presse nicht
objektiv ist. Doch wenn dies so ist, warum sehen so viele Korrespondenten
anscheinend die gleiche Wahrheit? "Sie haben das Gefühl, den Palästinensern
helfen zu müssen", sagt Nirenstein.
Die Korrespondenten leugnen ihr persönliches Urteil nicht
"Mein Mitgefühl gilt den Opfern", sagt einer und meint damit die Palästinenser.
"Die Juden nutzen ihre Geschichte, die Zeit ihrer Verfolgung, um bei den
Amerikanern und Europäern Mitleid zu erregen", sagt ein anderer, ebenfalls
ganz im Vertrauen.
Conny Mus vom holländischen Fernsehn nennt als zentralen Punkt "die
Tatsache, dass eine mächtige Armee all ihre Macht benutzt um eine kleinere
Streitmacht zu vernichten." Mus behauptet kontinuierlich, dass die Presse
"ein exaktes Bild" der Ereignisse bietet und dass pro-israelische Leser nur
deshalb denken, die Nachrichten seien verzerrt, weil sie "nicht wissen, was
auf der palästinensischen Seite geschieht".
Bis zu einem gewissen Grad hat er Recht – auch bei exakten Berichten über
die Fakten sehen Juden Israel oftmals nicht gern in einem schlechten Licht.
Kritiker der Medien nehmen manchmal nur Anstoß an dem, was sie als "pro-palästinensische"
Berichte bezeichnen, weil sie nicht wollen, dass ihre eigenen Ansichten in
Frage gestellt werden.
Doch ein Bericht kann exakt sein und trotzdem die Pointe nicht richtig übermitteln.
Ein Beispiel: ein Artikel kann die Zahl der palästinensischen Opfer
hervorheben, kann das Zählen der Leichen zum objektiven Maßstab
machen. Es wird jedoch nicht darauf hingewiesen, dass die israelischen Toten
zum größten Teil unschuldige Zivilisten sind und keine bewaffneten
Aufständischen und Terroristen. Viele Journalisten berichten nur über
Israels "Eroberung" der Westbank und weisen niemals darauf hin, dass diese
Eroberung in einem Verteidigungskrieg gegen Jordanien erfolgte und dass die
Palästinenser dort niemals souverän waren.
Andrea Levin von "Camera", einer energischen und manchmal schrillen Gruppe
von Medienbeobachtern, weist darauf hin, dass Reporter "über eine Geschichte
berichten und dabei die Mikroprobleme zwar korrekt erfassen, jedoch die Makroprobleme
vollkommen falsch verstehen können."
Journalisten romantisieren die Palästinenser als David, der gegen
den israelischen Goliath kämpft, als ob die Unterdrückten allein
per Definition die Guten sind
Nirenstein erlebt ihre Kollegen als solche, die die Palästinenser als
David romantisieren, der gegen Goliath kämpft, als ob die Unterdrückten
schon allein per Definition die Guten sind. Sie schreibt in der Januarausgabe
2001 des "Commentary Magazine", dass dieses Romantisieren die Journalisten
–die sie als "bilderstürmerisch, flott, ironisch, praktisch alle einer
Meinung" charakterisiert- auf der falschen Seite der Kulturkluft zwischen
"westlicher und östlicher Zivilisation, zwischen Demokratie und Diktatur,
zwischen jüdisch-christlicher Welt und der Welt des Islam" platziert.
Die journalistische Denkweise kann auch durch das entstehen, was ein amerikanisch-israelischer
Journalist als "massive Ignoranz" tadelt.
Viele Journalisten haben wenig oder keine Vorbereitungszeit, bevor sie nach
Jerusalem und Ramallah geschickt werden. Vor Ort müssen sie ihr Wissen
während der Arbeit aufholen, wobei sie es oftmals von anderen ausländischen
Korrespondenten übernehmen.
"Wir sind sehr oberflächlich", bestätigt Dr. Jörg Bremer
von der Frankfurter Allgemeinen Zeitung auf entwaffnende Art und Weise. "Wann
haben wir Zeit ein Buch zu lesen, wenn wir jeden Tag die Nachrichten zusammenstellen
müssen?"
Schwarz-Weiß-Denken und Ignoranz
Dieser Mangel an Vorbereitung führt beinahe zwangsläufig dazu,
dass Korrespondenten die Schablone eines anderen Ereignisses auf eine Situation
mit völlig unterschiedlicher Geschichte und Besonderheit legen. Mike
Hanna beispielsweise, der Chef des CNN-Büros in Jerusalem, wurde von
der Romanautorin Naomi Ragen und von anderen dahingehend charakterisiert,
die Situation in Israel durch seine 20 Jahre als Korrespondent in Südafrika
ebenfalls in Termini von "schwarz und weiß" zu sehen – als Unterdrücker
und Unterdrückte.
Doch Probleme journalistischen Urteilsvermögens und persönlicher
Sensibilität sind eine Sache. Dahinter lauert die umfassendere Frage,
ob die Sympathie der Reporter zu ungerechter Voreingenommenheit führen
kann – und ob dann aus Voreingenommenheit entschlossene Manipulation der
Nachrichten wird.
Beunruhigende Vorfälle von falscher und ungenügender Berichterstattung
sind im Überfluss vorhanden. Gruppen von Medienbeobachtern haben die
New York Times, die Los Angeles Times, die London Times, die Washington Post,
CNN, Sky News, Reuters, BBC und andere Medien beschuldigt, Nachrichten mit
dem Ziel veröffentlicht zu haben, palästinensische Vergehen zu
minimieren und israelische hervorzuheben, um die Sympathien für Israel
zu verringern oder um Israel als Aggressor aussehen zu lassen. Den Medien
wurde auch zur Last gelegt, sie ignorierten Artikel, die entscheidende Zusammenhänge
für das Verständnis der Fakten vor Ort liefern, wenn diese Artikel
die Palästinenser in einem weniger guten Licht zeigen.
Solche, in großem Maße ignorierte Themen sind z. B. Berichte
über palästinensische Rot-Kreuz-Ambulanzen, die Steine und Molotowcocktails
zu Flammpunkten transportieren; das gezielte Benutzen palästinensischer
Zivilisten als Deckung für palästinensische Kämpfer; der Ansporn
der Palästinenser, an gewalttätigen Demonstrationen teilzunehmen,
ja, sogar Bustransporte von Kindern zu solchen Demonstrationen; die Inszenierung
von "spontanen Demonstrationen" für eine optimale Berichterstattung
in den Medien (und das Scheitern der Reporter, diese Demonstrationen als
das, was sie sind, nämlich Inszenierungen, zu beschreiben). In den palästinensischen
(und anderen arabischen) Medien gibt es auch endlose Hasstiraden gegen Juden
und Israelis, die viele Korrespondenten und deren Redakteure sehen, die sie
jedoch erstaunlicherweise als irrelevant für den nationalen Konflikt,
über den sie berichten, betrachten.
Eigene Ansichten werden als Fakten verbreitet
Viele Medien verbreiten außerdem als Fakten, was eigentlich ihre eigenen
Ansichten der politischen Fragen in diesem Disput sind. "Independent" und
CNN nennen z. B. die israelischen Siedlungen routinemäßig "illegal
gemäß internationalem Gesetz", obwohl diese Angelegenheit längst
nicht geklärt ist. Die Nachrichtenagentur Reuters, deren Büro in
Jerusalem von einem hohen Prozentsatz palästinensischer Journalisten
besetzt ist, bezieht sich auf Gilo, ein Viertel, das in die Stadt Jerusalem
eingemeindet wurde, als "Siedlung" und kommt damit der radikal palästinensischen
Meinung nach.
Reflektieren solche Dinge politische Voreingenommenheit? Journalistische
Nachlässigkeit? Kenntnismangel des historischen Zusammenhangs, der dieser
ganzen Kultur innewohnt? Einen zu kurzen Einblick in die bittere "andere Seite
der Geschichte"? Oder soll die unausgewogene Berichterstattung internationaler
Sendenetze, wie CNN und BBC, sogar dazu dienen, in arabische und moslemische
Medienmärkte "vorzudringen"?
Das Weltbild der Journalisten dringt durch die Abendsendungen im Fernsehen
und durch die Morgenausgaben der Zeitungen nach außen. Nachrichtenkonsumenten
können nicht wissen, dass sie eine voreingenommene Geschichte bekommen
– selbst wenn sie sich daran erinnern, dass jede Geschichte, die oft genug
wiederholt wird, gleich der überhäufenden Werbung ihre Spuren in
der öffentlichen Meinung hinterlassen wird.
Die Qualität der israelischen Aufklärungsarbeit
Doch es ist nicht nur der Fehler der anderen. Wenn Israel den ernst zu nehmenden
zweiten Krieg der Berichterstattung durch die Medien verliert, so muss man
auch die traurige Unzulänglichkeit seiner eigenen "Hasbara" –seine Anstrengungen,
die eigene Politik zu erklären- tadeln. Dies ist ein Problem, das seit
vielen Jahren diskutiert wird, das man jedoch nicht effektiv angegangen ist.
Wenn sie fachsimpeln, dann singen ironischerweise sogar überzeugte,
pro-israelische Journalisten Loblieder auf die PA. "Ein Edelstein in den Händen
der Medien", sagt David Bedein, dessen Agentur für Medienressourcen in
Israel im allgemeinen dem israelischen Anrecht Geltung trägt. Bedein
lobt besonders die Zugänglichkeit und Offenheit der PA.
Matthew Kelman, ein Korrespondent für USA Today, sagt über die
PA, "es ist ein Vergnügen, sich mit ihr zu befassen. Ihre Amtsträger
bieten Hilfe an, sie sind umgänglich, sie gewähren einfachen Zugang,
sie sind freundlicher und herzlicher als die Israelis – und sie haben bessere
Geschichten."
Niemand sagt so etwas über den israelischen Medienapparat. Im Gegenteil,
wenn das Mikrofon abgeschaltet ist, stimmen die Berichterstatter darin überein,
dass Israel "keinen schlechteren Job" an Aufklärung tun könnte,
wie es jemand in Worte fasste.
"Die Sprecher wissen nicht, wie man in eine Kamera spricht", sagt er ärgerlich,
"sie haben schlechte Englischkenntnisse, sie erscheinen oft in Uniform, was
den Anschein erweckt, als seien sie Teil des Problems, und sie benutzen bombastische,
selbstgerechte Ausdrücke."
Ein anderer nennt israelische Medien-Offizielle "stachelig" und klagt: "Sie
rufen nicht zurück, sie selektieren die Informationen, die sie geben,
manchmal geben sie auch gar keine Informationen weiter, selbst, wenn sie
sie haben."
Ein dritter erzählt von einem sinnbildlichen Treffen mit einem Pressereferenten
des Ministeriums, der sich weigerte, ihm Informationen für einen Artikel
zu geben und für diese Weigerung eine entsprechende Anordnung des Gerichtshofes
aufführte. Ein paar Tage später las er die Information in einer
hebräischen Wochenzeitung. "Der Pressereferent wusste nicht einmal, dass
diese Anordnung aufgehoben worden war", schnaubte er.
Gründe für die Unwirksamkeit der israelischen Aufklärungsarbeit
sind Budgetkürzungen, besonders bei der Pressestelle der Regierung;
sture, interne Machtkämpfe zwischen dem Büro des Premierministers,
der Pressestelle der Regierung und einzelnen Ministerien; Überarbeitung;
Arroganz und schlichte Inkompetenz. "Israel realisiert diesen Effekt nicht",
seufzt ein Reporter.
"Unsere Geschichte zu verbreiten, ist sehr komplex. Deren Geschichte ist
wesentlich einfacher zu handhaben", protestiert der Medienchef des Premierministers,
Rana’an Gissin. Er gibt zu, dass Israels Aufklärungsarbeit unter "technischen
Problemen" leidet, inklusive ungeeigneter Sprecher. Doch er verspricht, nun
"schicke ich Leute, die etwas vermitteln können" und er sagt, dass er
weitere Änderungen vorgenommen hat, um Israels Position im Medienkrieg
zu verbessern.
Das mag nicht genügen. Während die Pressestelle der israelischen
Regierung jeden Presseausweis für einen neuen Journalisten debattiert
und jeden Korrespondenten sich selbst überlässt, bieten die Palästinenser
ein großes Netzwerk an Hilfe an, sagt Steven Rosenberg, Herausgeber
des Boston Jewish Advocate.
"Wenn Hintergrundinformationen, Photos, Interviews und Kurzmitteilungen reichlich
zur Verfügung gestellt werden", weist Rosenberg auf, "ist das Leben eines
Journalisten wesentlich einfacher." Solche Anleitungen können auch helfen,
des Reporters Verständnis für die Ereignisse, über die er
schreibt, in die eine oder in die andere Richtung zu formen.
Israels derzeitigem Außenminister Shimon Peres wird der berühmte
Satz nachgesagt, dass eine gute Politik keine Hasbara braucht, während
einer schlechten Politik mit Hasbara nicht geholfen werden kann.
Dies mag für eine perfekte Welt gelten. Was jedoch den Kampf im Medienkrieg
betrifft, scheint Israel noch nicht realisiert zu haben, dass es nicht in
einer perfekten Welt lebt.
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