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Israels Recht auf Verteidigung (netzeitung.de)


Israels Recht auf Verteidigung
18. Apr 15:08

Immer mehr Kritiker Israels berufen sich auf die allgemeinen Menschenrechte, wenn sie gleiche Distanz zu Scharon und zu Arafat halten. Diese Argumentation ist falsch und gefährlich, weil sie Terroristen nach dem Munde spricht.

Von Joachim Widmann

Fallschirmjäger Jürgen Möllemann würde, wenn Deutschland besetzt wäre, zur Waffe gegen den Aggressor greifen. Mit dieser Aussage schlug sich der FDP-Populist, der zu allem eine Meinung hat, wieder einmal auf die Seite der Palästinenser. Nicht nur angesichts dieser Äußerung spricht Israels Botschafter in Deutschland, Schimon Stein, von einem «neuen Antisemitismus», der sich als Antizionismus getarnt gegen das Existenzrecht des Staates Israel wendet.

Stein ist diplomatisch genug, nicht so deutlich zu werden, wie er könnte. Denn wenn sich die deutsche Entwicklungshilfeministerin unter Berufung auf die Menschenrechte weigert, «wegzuschauen», also bewusst zu ignorieren, was die israelische Armee in den Palästinensergebieten anrichtet, setzt sie das Vorgehen Israels indirekt mit dem Völkermord an den Juden durch das Deutsche Reich gleich. Denn damals war das «Wegschauen» der Deutschen nach deren eigener einhelliger Ansicht die Voraussetzung für den ungehinderten Fortschritt des Holocaust.

Wollte man positiv denken – das Glas ist halbvoll –, könnte man beglückt konstatieren, die Deutschen hätten ihre Lektion gelernt. Der Realist sieht indessen mit Schrecken, dass die Deutschen mit der ihnen eigenen Gründlichkeit ihre Lektion zu gut gelernt haben. Das führt zum gleichen inneren Abstand gegenüber Israel und den Palästinensern unter Berufung auf die Universalität der Menschenrechte. Mit Blick auf Israel zu sagen, man habe seine Lektion, nicht mehr wegzuschauen, gelernt, stellt die Existenz Israels in Frage. Denn Punkt zwei dieser Lektion lautet: Das Dritte Reich hat seinen Untergang verdient.

Natürlich hieß Punkt drei der Lektion stets: Deutschland hat eine besondere Verantwortung gegenüber Israel. Schließlich ist der Zionismus zum guten Teil eine Wagenburg-Ideologie, die aus Jahrtausenden der Verfolgung gespeist wurde, also sozusagen das Gegenstück zum «Nie Wieder» der Deutschen. In dem Reflex, sich automatisch auf die Seite des «Unterdrückten» zu stellen, lösen viele deutsche Kritiker Israels dies Dilemma mit allzu lockerer Hand. Und das ohne sich zu fragen, warum es falsch sein soll, einen Terroristen, Jassir Arafat, als künftigen Staatschef des Palästinenserstaates und heutigen Repräsentanten der Palästinenser nicht anzuerkennen. Nach allem, was bekannt ist, unterstützt Arafat Terroristen finanziell und logistisch.

Arafat entsprechend zu begegnen hieße ja nicht, jede Handlung der israelischen Armee billigen zu müssen. Sie aber in Bausch und Bogen zu verdammen und die Palästinenser pauschal zu Opfern zu erklären, verkennt nicht minder bittere Wahrheiten. Unverhohlen geht es vielen Palästinensern eben nicht allein darum, den eigenen Staat endlich zu bekommen, sondern vor allem um die Erfüllung der Forderung, der jüdischen Besiedelung Palästinas ein Ende zu setzen. Die von Arafat stark beeinflussten palästinensischen Medien, viele Kommentare in den Medien der arabischen Nachbarn und manche Worte und Taten von hohen Repräsentanten dieser Staaten lassen daran keinen Zweifel. Was sonst sollte die allenthalben übliche Verklärung von Terroristen zu «Märtyrern»?

Was, so müsste man im Möllemannschen Duktus zurückfragen, würde der Fallschirmjäger denn tun, wenn «Befreiungskämpfer» sich in deutschen Gaststätten sprengten und Hunderte mit in den Tod rissen? Wenn der Führer der Attentäter dies einerseits billigen und fördern würde, andererseits aber als politischer Verhandlungspartner ernst genommen werden wollte? Wäre der so martialische Möllemann nicht unter den Ersten, die die GSG 9 in den Bodenkrieg gegen diesen Führer schicken würde? Würde Frau Wieczorek-Zeul noch die Menschenrechte ins Feld führen und die Verteidiger von Sicherheit und Ordnung durch die Blume zu Nazis erklären?

In Israel herrscht die nackte Angst davor, den jahrzehntelang erfolgreich behaupteten Landstreifen am Mittelmeer aufgeben zu müssen, weil das Leben unerträglich wird. Genau dies ist das Ziel des palästinensischen Terrors. In Israel schwindet die Hoffnung, schwinden Selbstbehauptungswille und trotziger Humor, wachsen Zweifel. All dies erklärt, dass die Armee mitunter blindwütig um sich schlägt, dass aus Paranoia und wohl auch aus Schuldbewusstsein Journalisten und die UN-Menschenrechtskommissarin nicht in die umkämpften Gebiete gelassen werden.

Israel braucht Solidarität. Nicht Kritiklosigkeit, aber das ehrliche Bekenntnis dazu, dass bewaffnete Selbstverteidigung legitim ist, wenn andere Mittel nicht fruchten. Die Palästinenser haben es nicht leicht, auch sie verdienen Unterstützung. Gleiche Distanz zu wahren, hieße aber zu verkennen, dass die Palästinenser gezielt nicht gegen militärische Ziele vorgehen und eine Strategie gewählt haben, die jede palästinensische Zivilperson zum potenziellen Aggressor macht. Da dies mit Billigung Arafats geschieht, nimmt er in Kauf, dass die andere Seite nichtmilitärische Ziele unter Feuer nimmt. Arafat selbst stellt seine eigenen Leute, Zivilisten, Kinder, Frauen, vor die Läufe der israelischen Armee.

Bleibt zu bemerken, dass das demokratische System in Israel funktioniert, im Sinne der Menschenrechte – sonst hätte das Oberste Gericht der Armee nicht untersagt, eventuelle Massaker-Opfer rasch und unauffällig in Massengräbern verschwinden zu lassen. Auf derlei Skrupel Arafats, anderer Palästinenserführer oder eines Organs der Autonomiebehörde gegenüber der eigenen Strategie wartet die Welt bislang vergebens.

Quelle: netzeitung.de (voice of germany)