Die Art und Weise, wie wir das Evangelium weitergeben, mag sich verändern
im Lichte des Holocaust. Die Wahrheit kann sich nicht ändern." (1)
Die Juden sind zutiefst geschichtlich denkende Menschen. Die Erlebnisse
des Volkes in der Vergangenheit prägen den Einzelnen in großem
Maße. So ist auch das Selbstverständnis der heutigen messianischen
Juden sehr stark geprägt durch die Geschichte des jüdischen Volkes
und durch die Geschichte der Beziehung zwischen Kirche und Synagoge.
Jude ist nach der heutigen rabbinischen Definition jeder, der eine jüdische Mutter hat oder der zum Judentum konvertiert ist.(2)
Mit Judenchristen" werden im allgemeinen Christen bezeichnet, die als Juden geboren wurden und auch als Christen ihr jüdisches Erbe weiterhin bewahren.
Neuere Untersuchungen zum Thema Judenchristentum" bieten Georg Strecker, Simon Mimouni und der Historiker Ray Pritz.(3) Strecker definiert das Judenchristentum durch das Bekenntnis zu Jesus Christus" (in verschiedenen christologischen Vorstellungen) einerseits und das Festhalten an der überkommenen jüdischen Struktur von Theologie und Lebenshaltung" andererseits.(4) Mimouni definiert in ähnlicher Weise: Das antike Judenchristentum ist eine jüngste Formulierung, die Juden bezeichnet, die die Messianität Jesu anerkannt haben, die die Gottheit Christi anerkannt oder nicht anerkannt haben, die jedoch alle fortfahren, die Tora einzuhalten."(5) Die Judenchristen, die die Messianität Jesu, nicht aber seine Gottheit anerkannt haben, ordnet Mimouni dem heterodoxen Judenchristentum unter; solche, die die Gottheit Jesu anerkannt haben, dem orthodoxen.(6)
Die Judenchristliche Allianz(7) definierte 1957 das Judenchristentum folgendermaßen: Bei Judenchristen handelt es sich um Menschen jüdischer Herkunft, die an Jesus Christus als den Messias Israels und ihren persönlichen Heiland glauben und auch ihre Zugehörigkeit zum alten Gottesvolk nach der Taufe bejahen."(8)
Wichtig bei den Judenchristen oder Messianischen Juden", wie sie sich
heute bezeichnen, ist also einerseits der Glaube an Jesus Christus, den
Messias Israels, andererseits aber ein bewußtes Wahrnehmen der jüdischen
Identität.
1) Die ersten Juden- und Heidenchristen
Zu Pfingsten entstand die - zuerst rein judenchristliche - Gemeinde. Die (jüdischen) Jünger Jesu predigten das Evangelium in der jüdischen Öffentlichkeit, und die judenchristliche Gemeinschaft wuchs. Trotz der Taufe auf den Namen Jesu Christi und dem Glauben an denselben stellte das anfängliche Judenchristentum eher eine innerjüdische Sekte unter den anderen dar, die es damals gab: Pharisäer, Sadduzäer und Essener. Die Judenchristen behielten ihr jüdisches religiöses Leben bei.(9) So berichtet die Apostelgeschichte von täglichem Gebet im Tempel (2,46). Die Frage des Umgangs mit dem jüdischen Erbe wurde von den Judenchristen aber nicht einheitlich, sondern verschieden behandelt, das Verhältnis zum Judentum war durch Diskontinuität und Kontinuität gekennzeichnet".(10) Der Glaube der Judenchristen wurde zwar von der religiösen Führung nicht akzeptiert, ihre jüdische Identität wurde ihnen aber deshalb nicht abgesprochen.(11)
Das Judenchristentum der ersten Jahrhunderte historisch zu rekonstruieren bereitet große Schwierigkeiten, weil es außer den neutestamentlichen Schriften und einigen wenigen Hinweisen bei den Kirchenvätern keine Quellen gibt. Eine weitere Schwierigkeit bildet die Tatsache, daß die Kirchenväter in ihren Schriften verschiedene Namen für das Judenchristentum oder einzelne Gruppen von Judenchristen verwenden. Die beiden wichtigsten Bezeichnungen sind Ebioniten" (') und Nazoräer" (). Weitere Bezeichnungen sind Hebräer", Elkesaiten" und Symmachianer".(12)
Die Bezeichnungen Ebioniten" und Nazoräer" werden bei den Kirchenvätern zum Teil für die gesamte Christenheit oder das gesamte Judenchristentum gebraucht, zum Teil aber für einzelne Gruppen unter den Judenchristen.(13)
Wo der Begriff Nazoräer" nicht als Bezeichnung für das gesamte Judenchristentum gebraucht wird, bezeichnet er jene judenchristlichen Gruppierungen, die in der Christologie mit der entstehenden Großkirche übereinstimmten, sich jedoch durch ihr Festhalten an der jüdischen Lebenspraxis von ihr unterschieden.(14) Mit Ebioniten" konnte jene judenchristliche Gruppierung bezeichnet werden, die auch in der Christologie sich von der Großkirche unterschied (Leugnung der Gottheit Jesu und der Jungfrauengeburt).(15)
Die Nazoräer" oder Nazarener" werden nur in Apostelgeschichte 24,5 und dann wieder bei Epiphanius (Panarion, 376) genannt. R. Pritz nimmt für diese Tatsache sprachliche Gründe an: Weil die frühkirchlichen Schriften zumeist in Griechisch verfaßt wurden, wurde statt des hebräischen Namens Nazarener" der griechische Name (Christen") bevorzugt.
Gemeinsam war diesen Gruppen das Festhalten am Erbe des Judentums, wobei es auch hier unterschiedliche Ausprägungen gab. Justin spricht von Judenchristen, die von den Heidenchristen die Befolgung des jüdischen Gesetzes verlangen, und von solchen, die das nicht verlangen. Für ihn sind die ersteren nicht als Mitchristen zu betrachten, die letzteren jedoch als solche, auch wenn sie selbst weiterhin die Mosetora befolgen.(16)
Palästinische und hellenistische Juden breiteten das Evangelium
in Israel und weit darüber hinaus im Römischen Reich aus. Zunächst
wurde das Evangelium nur den Juden weitergegeben. Seit Petrus jedoch eine
Vision empfing (Apg 10) und den Hauptmann Kornelius taufte, weitete sich
die Evangelisation auch auf die Heiden aus. Dies minderte aber nicht die
Evangeliumsverkündigung unter den Juden. So gab es viele Tausende
der Juden, die gläubig geworden sind, und alle sind Eiferer für
das Gesetz" (Apg 21,20). Dennoch gab es sehr bald eine heidenchristliche
Mehrheit innerhalb der Christenheit. Das Apostelkonzil (Apg 15) versuchte,
die Integrität der Judenchristen und der Heidenchristen zu bewahren,
aber dennoch einen Kontakt zwischen beiden zu ermöglichen. Dadurch,
daß von den Heidenchristen die Beschneidung nicht verlangt wurde,
blieben die jeweiligen Eigenheiten der Juden- und Heidenchristen erhalten.(17)
Gleichzeitig wurde so auch der Kontakt ermöglicht: Die Heidenchristen
galten nicht länger als unrein, weil die Beschneidung kein Kriterium
für die Rechtfertigung mehr war (Apg 15,11).
2) Die Isolierung der Judenchristen von Kirche und Synagoge
Sehr bald setzte eine Entwicklung ein, die die Judenchristen immer mehr von der heidenchristlichen Mehrheit innerhalb der Kirche und auch von der Synagoge isolierte. Bevor die Römer 70 n.Chr. Jerusalem eroberten, retteten die Judenchristen sich vermutlich nach Pella (Gebiet der Dekapolis östlich des Jordan).(18) Der Rest der jüdischen Gemeinschaft sah sie, weil sie den Römern keinen Widerstand geleistet hatten, als Verräter an. Diese Kluft wurde noch vertieft durch den Bar-Kochba-Aufstand (135 n.Chr.), bei welchem die Judenchristen sich nach anfänglicher Solidarität zurückzogen, nachdem Rabbi Akiba den militärischen Führer des Aufstandes, Bar Kochba, zum Messias erklärte.(19) Um ca. 90 n.Chr. wurde unter Rabban Gamliel II in Jabne das sog. Birkat ha minim,(20) eine Verfluchung der Häretiker (womit insbesondere die Judenchristen gemeint waren), in das jüdische Hauptgebet Schmone-Esre aufgenommen. Dadurch, daß die Judenchristen diesen Teil des Gebetes nicht mitbeten konnten, wurden sie faktisch aus der Synagoge ausgeschlossen.(21)
Ebenso distanzierte sich die heidenchristliche Mehrheit der Christenheit von den Judenchristen. Dies lag an einer Skepsis gegenüber der Einhaltung der Mosetora durch die Judenchristen. H. Chadwick schreibt: Die Judenchristen [...] hielten an der Beschneidung fest und feierten weiter den Sabbath und die anderen jüdischen Feste. Dies wieder verstimmte viele Heidenchristen. [...] weder konnten ihnen die orthodoxen Juden ihr Christsein vergeben, noch konnte die heidnische Mehrheit innerhalb der Kirche verstehen, warum die Judenchristen fortfuhren, die traditionellen Bräuche und Riten des Judentums zu halten. Langsam verloren ihre [d. h. die judenchristlichen] Gemeinden an Bedeutung."(22)
Ein weiterer Grund für die Distanzierung des Heidenchristentums vom Judentum waren verstärkte Repressalien seitens der Römer: Der römische Kaiser Hadrian, der den Bar-Kochba-Aufstand niederschlug und die Juden aus Jerusalem vertrieb, verbot die Ausübung der jüdischen Religion wie die Beschneidung, das Torastudium und die Heiligung des Sabbats im gesamten Römischen Reich.(23) Den Römern folgten die Heidenchristen mit der Entwicklung einer Theologie, die sich vom Judentum distanzierte. So findet sich bei vielen der (heidenchristlichen) Kirchenväter eine dem Judentum gegenüber negative Haltung. Die Zerstörung des Tempels 70 n. Chr. wurde als Gottes unwiderrufliche Ablehnung des jüdischen Volkes verstanden. Die neutestamentliche Kritik an der Heuchelei der religiösen Führung wurde auf das ganze Judentum übertragen. Justin der Märtyrer akzeptierte in seinem Werk Dialog mit dem Juden Tryphon" (130-150) das Einhalten der Mosegesetze durch die Judenchristen, schrieb jedoch von anderen Heidenchristen, die das Einhalten des Mosegesetzes nicht tolerierten, weil dies den Zugang zum Heil verhindern würde.(24) Irenäus von Lyon bekämpft das Judenchristentum in Adversus haereses (Ende 2.Jh.).(25) Die stärksten antisemitischen Töne unter den Kirchenvätern schlug Johannes Chrysostomus (354-407) an. Er bezeichnete die Juden einmal als gemeinsames Verderben und Krankheit der ganzen Erde".(26) Melito von Sardes beschuldigte die Juden des Gottesmordes" (Ende 2.Jh.).(27) Dieser Begriff hatte großen Einfluß auf die Kirchengeschichte. Nach kirchlicher Anschauung waren die Juden aufgrund der Sünde des Gottesmordes auf ewig von Gott verworfen.(28) In der Theologie bildete sich sehr bald die Vorstellung, daß die Kirche als das wahre Israel das alte Israel ersetzt habe und das alte Bundesvolk Israel für ewig von Gott verdammt sei. Dies führte zu einer Spiritualisierung" der alttestamentlichen Verheißungen: Alle Verheißungen an Israel wurden auf die Kirche übertragen, so z. B. die alttestamentlichen Verheißungen, daß Gott seinen endgültigen Triumph über die Nationen durch Israel gewinnen und durch Israel die Nationen segnen würde. Dies wurde offizielle Kirchenlehre in den ersten Jahrhunderten und dauert in Teilen der Kirche bis heute an.(29)
Ein Meilenstein in der Entfremdung des juden- und heidenchristlichen Teils der Kirche war die Festlegung des Ostertages, der auf dem Konzil von Caesarea 196 vom Termin des jüdischen Passa auf den Sonntag nach dem ersten Vollmond nach Frühlinganfang verlegt wurde. Diese Entscheidung wurde von den Judenchristen abgelehnt. Das Konzil von Antiochien 341 entschied die Exkommunikation derer, die den festgelegten Ostersonntag-Termin nicht beachteten.(30)
Diese ganze Entwicklung führte dazu, daß das Judenchristentum im Sinne der obigen Definition ungefähr im 4. Jh. verschwand. K. Kjaer-Hansen schreibt: Die letztgenannte Anschauung [von Heidenchristen, die den Judenchristen, die das jüdische Gesetz hielten, die Erlösung absprachen] setzte sich in der Heidenchristenheit durch. Für das jüdische Element im Christentum fand sich immer weniger Verständnis, und dies führte - in Verbindung mit einer feindseligen Haltung gegenüber den Juden - zum Ende der Judenchristen. Sie verschwinden als besondere Gruppe gegen Ende des vierten Jahrhunderts und tauchen erst einige Jahrhunderte später wieder auf."(31)
Als das Christentum unter Konstantin zur bevorzugten Religion wurde, kamen zur religiösen Verfolgung die wirtschaftliche und soziale hinzu, weil das Christentum nun von staatlicher Seite begünstigt wurde. Der unter Kaiser Justinian verfaßte Codex Justinianus ist voller Gesetze, die gegen die Juden gerichtet sind.(32)
Von dieser Zeit an mußte ein Jude, der zum Christentum konvertierte, alles Jüdische ablegen und durfte keinen Kontakt mehr mit anderen Juden haben. Er mußte ein Dokument unterschreiben, worin er seine jüdische Identität verfluchte.(33)
In der Zeit zwischen dem 4. Jh. und dem Wiederaufkommen der messianisch-jüdischen
Bewegung gab es immer einzelne Judenchristen, die jedoch vollständig
assimiliert waren und sogar oft feindselig ihrem jüdischen Hintergrund
gegenüber standen.
In der Kirche des Mittelalters nahm der Antisemitismus zu, bis hin zur Tötung tausender Juden im Zeichen des Kreuzes während der Kreuzzüge und der Vertreibung der Juden aus Spanien im Jahre 1492. Für einen Juden sind noch heute Verfolgungen und Pogrome die erste Assoziation mit dem Symbol des Kreuzes.
Es gab aber immer einzelne Christen, die sich für die Juden einsetzten. So verbot z.B. Papst Gregor I. (Papst von 590-604) die Zwangstaufen.
Luther zeigte ein für seine Zeit neues Interesse an den Juden und arbeitete mit jüdischen Gelehrten zusammen. Er verurteilte zunächst die Gewaltmethoden gegenüber den Juden (vgl. z.B. Daß Jesus Christus ein geborener Jude sei,(34) 1523). Sein Interesse am Judentum war missionarisch begründet; er hoffte, daß durch seine Reformen auch die Juden offener gegenüber dem Evangelium würden. Später aber verstärkte sich bei Luther immer mehr der Eindruck, daß die Juden den Schritt der Bekehrung nicht machen wollten, und so wandte er sich in seinen Spätschriften scharf gegen sie (vgl. z.B. Von den Juden und ihren Lügen,(35) 1543).
Durch die Betonung des biblischen Zeugnisses in der Reformation entstand ein neues Interesse am Judentum. Im 17. Jh. begannen sich Theologen intensiv mit dem Judentum auseinanderzusetzen mit dem Ziel, den Juden die Heilsbotschaft zu vermitteln. Viele Universitäten beschäftigten sich mit rabbinischer Literatur. Johann Christoph Wagenseil (1633-1705) war der erste protestantische Judenmissionar. Er rief die Christen zu einem Lebenswandel auf, der die Juden zur Eifersucht reizen solle.(36) In Halle wurde 1728 das erste Institutum Judaicum gegründet, mit Verkündigung und Diakonie unter den Juden.
Für die gesellschaftliche Situation der Juden änderte sich allerdings nichts, denn Religion und Gesellschaft waren noch eng miteinander verbunden. Dies änderte sich erst mit der Aufklärung, als diese Verbindung zu schwinden begann.
Echte Bekehrungen von Juden im Mittelalter und der Reformation neben
den Zwangstaufen gab es auch.(37) Dies
waren jedoch Einzelfälle, und ein einheitliches Judenchristentum gab
es während dieser Zeit nicht.
Das Wiederaufkommen der messianisch-jüdischen Bewegung war eine Folge zweier Entwicklungen: Die erste Bewegung entstand in der Christenheit: Bei den Christen, insbesondere den Puritanern und den Pietisten, zeigte sich ein neues Interesse am Judentum und eine veränderte Haltung gegenüber dem jüdischen Volke.
Die zweite Bewegung entstand in der Gesellschaft: Die Aufklärung und die Französische Revolution machten die Juden zu gleichberechtigten Bürgern und brachten so die jüdische Emanzipation".
In der Begründung für ein Wiederaufkommen der messianisch-jüdischen Bewegung betonen einige - wie die in Jerusalem lebenden messianischen Juden Menahem Benhayim(38) und David Stern(39) - eher die gesellschaftliche Komponente, während andere - wie M. Dixon(40) und der messianische Jude D. Juster(41) - eher die veränderte Haltung der Christen zur Sprache bringen.
Die gesellschaftlichen Veränderungen während der Aufklärung und der Französischen Revolution bewirkten eine größere Freiheit des sozialen und des religiösen Lebens. Die starke Verbindung von Kirche und Staat begann schwächer zu werden. Dies ermöglichte eine vielgestaltigere Lebenspraxis der Juden und der Christen. Es bildeten sich im Judentum verschiedene Gruppen, wie der Reform-Judaismus, der politische Zionismus und die Assimilation. Man konnte nun nicht-religiös sein und dennoch ein Jude bleiben.(42) Dies ermöglichte die Zugehörigkeit zu zwei Gruppen: zu den Juden und gleichzeitig zu den Christen. So war es wieder möglich, ein an Jesus glaubender Jude zu werden.
Eine andere Ursache für das Wiederaufkommen der messianisch-jüdischen Bewegung lag in einer veränderten Haltung innerhalb der Christenheit gegenüber den Juden: Einerseits gab es allgemein ein verstärktes Interesse am Judentum und den jüdischen Wurzeln des Christentums. Andererseits fingen einige Christen in dieser Zeit an, Mission unter Juden zu betreiben, besonders die deutschen Pietisten in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts und die englischen Puritaner im 19. Jahrhundert. Vor allem die Herrnhuter Brüdergemeinde betrieb eine intensive Judenmission (Zinzendorf wollte sogar eine judenchristliche Gemeinschaft gründen). Diese Judenmission wurde in einfühlsamer Weise durchgeführt, z.B. wurde sehr viel Wert darauf gelegt, die Juden in ihrer Sprache und ihren Gebräuchen kennenzulernen. Juster beschreibt die in dieser neuen Art von Judenmission tätigen puritanischen Christen so: [Sie] verstanden den Platz und die Rolle Israels und [ihr] Leben war vorbildlich".(43) Die Puritaner glaubten an die bleibende Erwählung und Berufung Israels. Der Theologe J. Toland schrieb im Jahre 1718, daß das jüdische Volk immer noch als Nation eine Berufung von Gott habe und die Judenchristen ihre jüdische Identität bewahren sollten.(44)
Die Puritaner weckten in England ein starkes Interesse am Judentum. So bewirkten sie, daß unter Oliver Cromwell die Juden im Jahre 1655, 350 Jahre nach ihrer Ausweisung aus England, wieder zurückkehren konnten. Die Puritaner waren aber nicht nur an einer Rückkehr der Juden nach England interessiert. 1649 sandte der Puritaner Ebenezer Cartwright eine Eingabe an die englische Regierung, daß diese englische Nation zusammen mit den Einwohnern der Niederlande die erste und bereitwilligste sei, auf ihren Schiffen Israels Söhne und Töchter in das Land zu fahren, welches deren Vorvätern Abraham, Isaak und Jakob zum ewigen Erbteil verheißen ward".(45) Die Puritaner glaubten, daß der wiedergekehrte Christus im Tausendjährigen Reich in Jerusalem regieren würde, und daß davor das jüdische Volk nach Israel zurückgekehrt sein müsse.(46)
Auch für den Pietismus stand die Bekehrung der Juden" unter einem eschatologischen Vorzeichen":(47) Auch sie nahmen den Gedanken des Tausendjährigen Reiches (Offb 20) sehr ernst, obwohl dies vom reformatorischen Erbe her nicht vorgegeben war: Die CA 17 verurteilt jüdische Lehren, daß vor der Auferstehung der Toten die Frommen ein weltliches Reich innehaben, wo die Gottlosen unterdrückt werden".(48) Dies hinderte die pietistischen Väter nicht, das Tausendjährige Reich genau zu beschreiben, Vorbereitungen dafür vorzuschlagen (so Fr. Chr. Oetinger) und die Wiederkunft Jesu zu berechnen (so J. A. Bengel).(49)
Die Aufklärung setzte dieser Besinnung auf die Bibel ein Ende, und erst im 19.Jahrhundert entstand durch die sog. Evangelikale Erweckung" wieder ein Interesse an der Rückkehr der Juden in ihr Land und zu ihrem Messias. Dixon schreibt: Durch die Prophezeihungen über Jerusalems Wiederherstellung und die Rückkehr des jüdischen Volkes in ihr ursprüngliches Land angeregt, fühlten sich Christen verpflichtet, diesem Wiederherstellungsprozeß beizustehen."(50) Es entstanden auch verschiedene Missionswerke, vor allem die London Society for Promoting Christianity among the Jews" (1809 gegründet), in deren Versammlungen Jesus als der jüdische Messias verkündigt wurde. Anthony Ashley Cooper, der siebente Earl von Shaftesbury, ein Leiter der Society, plante einen Bischofssitz in Jerusalem. In seinen Fingerring war eingraviert Betet für den Frieden Jerusalems"(51) (Ps 122,6), und er war der Überzeugung, daß vor der Wiederkunft des Messias die jüdische Nation wiederhergestellt sein müsse. Tatsächlich richtete die Church of England 1842 einen Bischofssitz in Jerusalem ein. Der erste Bischof war Judenchrist, ein ehemaliger Rabbiner mit dem Namen Michael Solomon Alexander.(52)
Der damalige Außenminister Arthur Balfour, der die berühmte Balfour-Erklärung" verfaßte, kannte die Bibel von seiner Kindheit an. Er befaßte sich nicht wie die Puritaner mit Gedanken über das Tausendjährige Reich, aber er wußte, daß für die Juden Rasse, Religion und Land zusammengehören wie für kein anderes Volk.
Die in der Judenmission tätigen Puritaner versuchten, das Evangelium für die Juden zu kontextualisieren.(53) Sie rieten den an Jesus glaubenden Juden, ihr Volk nicht zu verlassen, sondern jüdisch zu bleiben, ihre Feste zu feiern und allgemein ihr Judentum auszudrücken. Es gab zu der Zeit nur einzelne Judenchristen, die ihr jüdisches Erbe ernst nahmen, und noch kaum ganze Gemeinden oder eine ganze Bewegung, wie dies dann im 20. Jahrhundert geschah.
Größere judenchristliche Gemeinschaften entstanden im Ostjudentum in der zweiten Hälfte des 19. Jh. Fritz Majer-Leonhard sieht den Grund für erste Zusammenschlüsse der messianischen Juden in dem Gefühl der Fremdheit nicht weniger Judenchristen in den kirchlichen Gemeinschaften. [...] Daß manche Fremdlinge' blieben, liegt zum Teil im verschiedenen Verständnis des Judentums als Glaubens- oder Volksgemeinschaft begründet".(54)
Der in Ungarn lebende Rabbiner Jechiel Lichtenstein (1831-1912) gründete einen Kreis Gleichgesinnter. Seine Bekehrung ist ein Beispiel für das Umdenken innerhalb der Christenheit: Er schrieb in dem von ihm selbst herausgegebenen Judenspiegel" angesichts antisemitischer Vorgänge in Ungarn, gegen die der Leipziger Professor Franz Delitzsch Verteidigungsschriften verfaßte: Aber dieses gottlose Ränkespiel von Menschen, die sich Christen nannten, um ihre bösen Anschläge zu fördern, rief den Unwillen einiger wahrer Christen hervor, die mit feuriger Feder und warnender Stimme das Lügengewebe der Antisemiten aufzeigten. In Aufsätzen zur Verteidigung der Juden stieß ich immer wieder auf Stellen, in denen von Christus als dem Freudebringer und Friedefürsten, dem Erlöser, gesprochen wurde. Sein Evangelium wurde allen Menschen als Botschaft der Liebe und des Lebens verkündigt."(55)
Lichtenstein las dann im Neuen Testament. Einige Jahre später nahm er in seine Predigt, die er als Rabbiner in seiner Synagoge hielt, christliche Elemente auf. Er wurde vom Rabbinat vorgeladen, das von ihm verlangte, sein Amt niederzulegen und sich taufen zu lassen. Das verweigerte er, da er nicht die Absicht hatte, einer Kirche beizutreten. Lichtenstein meinte, im Neuen Testament das wahre Judentum erkannt zu haben, und wollte weiterhin in seiner Gemeinde bleiben und in der Synagoge predigen".(56) Seine Gemeinde behielt ihn als Rabbi, und erst einige Zeit später mußte er sein Amt niederlegen. Viele Juden besuchten ihn und fragten ihn um Rat, und vielen gab er ein Neues Testament.
Lichtensteins Schwager Josef Rabinowitz (1837-99) gründete in Ungarn die erste Messianische Synagoge, eine christliche Gemeinschaft, in der Juden, die an Jesus glaubten, ihre jüdischen Gewohnheiten weiterhin pflegten.(57)
1866 wurde die Hebrew Christian Alliance of Great Britain gegründet und 1915 die Hebrew Christian Alliance of America. 1925 schlossen sich in London die nationalen Allianzen zur International Hebrew Christian Alliance (deutsch Internationale Judenchristliche Allianz) zusammen. Die Aufgabe der Allianz war die Begleitung der Judenchristen, die sie zur Beibehaltung ihres jüdischen Erbes und zum Zeugnis gegenüber Juden und Nicht-Juden anregte. Ihre Mitglieder blieben in ihren jeweiligen Denominationen, trafen sich aber untereinander zum Zwecke eines Zeugnisses gegenüber Juden und nicht-jüdischen Christen. Auf den Tagungen der Allianz (1931 und 1934) wurde intensiv die Frage der Gründung einer selbständigen judenchristlichen Kirche diskutiert. Die Frage wurde auch mit Fachleuten aus der anglikanischen und presbyterianischen Kirche erörtert. Auf ihrer 5. Internationalen Tagung in Budapest im Jahre 1937 schließlich sprach sich die Allianz gegen eine eigenständige judenchristliche Kirche aus.(58)
Die Hebrew Christian Alliance of America spaltete sich in den späten 60er Jahren in zwei Gruppen: Solche, die die jüdischen Wurzeln und den jüdischen Ausdruck des Glaubens hervorhoben, und solche, die wie bisher auf diesen Bereich keine Betonung legen wollten.(59) Aus dieser Spaltung entstanden viele messianisch-jüdische Gemeinden, die häufig auch messianische Synagogen" genannt wurden. Zur Bildung dieser eigenen messianischen Gemeinden trugen auch die Entstehung von Kirchen nationalen Charakters (deutsche, schwedische, rumänische etc.) in den USA und die Jesus-People-Erweckung bei.(60) Diese Gemeinden haben ein sehr verschiedenes Ausmaß an Verbindung zur jüdischen Kultur: Manche stehen dem orthodoxen Vorbild sehr nahe, andere sind sehr frei.
Seit dieser Zeit bevorzugen viele den Begriff Messianische Juden" (engl. Messianic Jews) gegenüber der alten Bezeichnung Hebräische Christen" (engl. Hebrew Christians). Im Jahre 1979 wurde die Union of Messianic Jewish Congregations gegründet, ein Zusammenschluß von 19 messianischen Gemeinden. Heute umfaßt diese Union 50 Gemeinden. Die Union veranstaltet Konferenzen, gründete eine Jeshiva,(61) und sogar die Ordination von geistlichen Leitern wird von der Union in Zusammenarbeit mit den lokalen Gemeinden ausgeführt.(62) Diese Entwicklung in Amerika hatte einen Einfluß auf die messianisch-jüdische Bewegung in der ganzen Welt.
Durch einen verstärkten Antisemitismus Anfang des 20. Jhs in Europa wuchs die zionistische Hoffnung auf eine Wiedererstehung eines jüdischen Staates in Palästina. Theodor Herzl begründete durch sein Buch Der Judenstaat (1896) schließlich den modernen Zionismus. Der religiöse Antijudaismus wurde im Dritten Reich" zu einem rassistischen Antisemitismus. Der Nationalsozialismus berief sich jedoch auch auf die antijudaistische Tradition des Christentums. So sagte z.B. Julius Streicher, der Herausgeber der nationalsozialistischen Zeitschrift Der Stürmer", vor dem Internationalen Gerichtshof in Nürnberg am 29. April 1946: Antisemitische Presseerzeugnisse gab es in Deutschland durch Jahrhunderte. So wurde bei mir zum Beispiel ein Buch beschlagnahmt von Dr. Martin Luther. Dr. Martin Luther säße heute sicher an meiner Stelle auf der Anklagebank, wenn dieses Buch von der Anklagevertretung in Betracht gezogen würde."(63)
Für die christusgläubigen Juden stellte sich neu die Identitätsfrage, weil sie als nicht-arisch" genauso verfolgt wurden wie die anderen Juden.
In der Zeit nach dem Dritten Reich entstand in den Kirchen eine Neubesinnung
auf das Verhältnis der Kirche zum jüdischen Volke. Vor allem
in Deutschland wurde dieses Verhältnis heftig diskutiert, während
der Kirchentage und am ausgiebigsten in der Rheinischen Synode".(64)
Der Ausdruck Judenmission" wurde jetzt häufig nicht mehr verwendet.
Dieser Ausdruck setzt das jüdische Volk allen anderen Völkern
gleich und berücksichtigt dabei nicht, daß das Christentum im
Judentum und im AT seine Wurzeln hat, und daß das jüdische Volk
nach dem AT von Gott berufen war, sein Offenbarungsträger zu sein.
D. Stern gibt an, daß es in den USA mittlerweile ca. 50-100'000 Messianische Juden in etwa hundert Gemeinden gibt, die meist unabhängig, manchmal jedoch mit anderen christlichen Denominationen verbunden sind.(65) Es gibt vier Dachorganisationen für diese Gemeinden: Die Union of Messianic Jewish Congregations,(66) die International Alliance of Messianic Congregations and Synagogs, die Fellowship of Messianic Congregations(67) und eine interkonfessionelle Gruppe innerhalb der Pfingstkirche Assemblies of God".
In Israel gibt es heute ca. 3000-4000 Messianische Juden,(68) in Großbritannien ca. 3000-5000 und in anderen westlichen Ländern machen sie 1/2-1% der jüdischen Bevölkerung aus. Richard Wurmbrandt spricht von mindestens 6000 Messianischen Juden in Moskau, es muß also Zehntausende in der ehemaligen Sowjetunion geben.(69) Messianisch-jüdische Gemeinden gibt es außer in den USA in Südafrika, Australien, Neuseeland, England und Holland. Diese Gemeinden sind zum Teil selbständig, zum Teil gehören sie einer presbyterianischen, lutherischen oder anglikanischen Kirche an.
Nationale Zweige der International Messianic Jewish Alliance gibt es mittlerweile in England, den USA, in Kanada, Argentinien, Australien, Brasilien, Frankreich, Deutschland, in Holland, Neuseeland, Südafrika, der Schweiz und in Uruguay.(70) In Israel hat die Alliance einen Sekretär.
Die bekannteste missionarisch aktive Gruppe ist die New Yorker Organisation
Jews for Jesus.
Nach Aussagen von Ilan Zamir, Leiter einer messianischen Gemeinde von Jerusalem, gab es noch vor 15 Jahren nur 30-40 hebräisch sprechende Christen" in Israel, wohingegen die Zahl heute auf 4000 angewachsen sei.(72) Dieser Zuwachs läßt sich durch Einwanderung messianischer Juden erklären, aber auch durch eine verstärkte Evangelisationstätigkeit durch die messianisch-jüdischen Gemeinden.
Bezüglich ihrer christlichen Lebenspraxis sind die israelischen messianischen Juden sehr verschieden. Das kommt daher, daß sie aus sehr verschiedenen Hintergründen kommen: Manche wurden gar nicht religiös erzogen, andere dagegen stammen aus einer orthodoxen Familie. Manche stammen aus den Ghettos Osteuropas, andere aus islamischen Ländern oder den USA.
Die messianischen Gemeinden in Israel besitzen meistens keine rechtliche Gestalt, d.h. sie sind häufig keine eingetragenen Gemeinschaften.(73) Die Ursache liegt darin, daß mit wenigen Ausnahmen diese Gemeinden keine vom Staat anerkannten Religionsgemeinschaften sind. Die drei lutherischen judenchristlichen Gemeinden des Landes haben Pastoren, die aus dem Ausland stammen und bei ausländischen Missionen angestellt sind, die übrigen messianischen Gemeinden haben dagegen häufig ehrenamtliche Mitarbeiter. Sie werden meistens in einem Ältestenrat von israelischen Staatsbürgern geleitet, die unbegrenzte Zeit im Lande bleiben können, was bei den ausländischen Pastoren nicht immer der Fall ist.
Die Gemeindeleiter sind häufig Autodidakten, d.h. sie haben keine theologische Ausbildung. Sie sind oft neben ihrer Gemeindetätigkeit noch berufstätig.
Messianisch-jüdische Ausbildungsstätten gibt es in Israel bisher wenige. Als Ausbildungsstätten dienen vor allem die von ausländischen Missionen geleiteten Institute, wo besondere Kurse für die messianischen Juden der lutherischen Gemeinden angeboten werden: Das Caspari-Center in Jerusalem und das Immanuel-Haus in Tel-Aviv.
Die Form der Gemeinden ist kongregationalistisch, d.h. sie stellen unabhängige Einheiten dar, die durch regelmäßige Treffen der Gemeindeleiter im Lande in Verbindung miteinander bleiben. Dieser Verbindung dienen auch Seminare, an denen oft mehrere hundert Teilnehmer aus verschiedenen Gemeinden teilnehmen, sowie gemeinsame evangelistische Aktionen und Musikfeste. Die Gemeinden sind immer gemischt, d.h. sie bestehen aus Juden- und Heidenchristen, wobei manchmal die Zahl der Judenchristen weit überwiegt.
Eine Ordination der Gemeindeleiter findet in den messianischen Gemeinden in der Regel nicht statt, dagegen in einigen Gemeinden eine Wahl durch die Gemeindeglieder.
Die Einheit der Gemeinden in Israel wird gefördert durch jährliche nationale Konferenzen, die von einer landesweiten Bruderschaft von Gemeindeleitern geleitet werden.
Was ihre Beziehung zum Staat Israel angeht, so identifizieren sich die heutigen messianischen Juden in Israel sehr stark mit dem jüdischen Volk und dem Staat Israel. Sie gehen bewußt zur Armee. Ihre politische Einstellung wird u.a. durch das Verständnis des Staates Israels beeinflußt: Wer in der Erfüllung der Landverheißungen den Keim des tausendjährigen Reiches sieht, unterstützt eher die Politik der Rechtsparteien.
Das Verhältnis der messianischen Juden zu den christlichen Arabern ist von Gemeinde zu Gemeinde verschieden. In einigen messianischen Gemeinden, wie zum Beispiel der messianischen Gemeinde in Tiberias, leben Juden- und Araberchristen in Eintracht miteinander. Es wird dort auch in der Predigt Nachdruck gelegt auf die Liebe zueinander. Im allgemeinen jedoch leben die christlichen Araber in eigenen Gemeinden, und die Beziehung kann auch sehr gespannt sein. Hierzu muß man bedenken, daß beide Gruppierungen Minderheiten jeweils innerhalb der Juden und Araber sind und sich deshalb häufig mit der jeweiligen Gruppe identifizieren müssen, um ihre Solidarität zu beweisen.
1. 10 D. HARLEY, Setting the Scene: John 3:1-16, in: Mishkan 5 (1986), S. 3.
2. 11 Vgl. K. KJAER-HANSEN - O. KVARME, Messianische Juden, S. 51.
3. 12 Georg STRECKER, Art. Judenchristentum", TRE 17 (1988), S. 310-325. Simon C. MIMOUNI, Pour une définition nouvelle du judéo-christianisme ancien, NTS 38 (1992), S. 161-186. Ray PRITZ, Nazarene Jewish Christianity. From the End of the New Testament Period until Its Disappearance in the 4th Century. Jerusalem - Leiden 1988.
4. 13 G. STRECKER, ebd., S. 311 (Herv. G. S.).
5. 14 S. MIMOUNI, ebd., S. 184.
7. 16 Eine überkonfessionelle Organisation, in der christusgläubige Juden Ge- meinschaft untereinander haben.
8. 17 F. MAJER-LEONHARD, Art. "Judenchristentum II. Im Mittelalter und in der Neuzeit", in: RGG3 3, Sp. 972.
9. 18 Vgl. W. G. KÜMMEL, Art. Judenchristentum. I. Im Altertum", in: RGG3 3, Sp. 968: Es ist wahrscheinlich, daß sich diese judenchristlichen Gruppen zunächst innerhalb des jüdischen religiösen Lebens, bes. im Rahmen der Gesetzesbeobachtung hielten". Vgl. auch G. STRECKER, Art. Judenchristentum", TRE 17 (1988), S. 314: So sehr sich die Urgemeinde als pneumatische Gemeinschaft versteht und durch Christusbekenntnis und Gottesdienst von der jüdischen Umwelt geschieden ist, dem äußeren Erscheinungsbild nach wahrt sie den Zusammenhalt mit der jüdischen Nation und der jüdischen Frömmigkeit." Vgl. auch J. DANIÉLOU, Das Judenchristentum und die Anfänge der Kirche, S. 8: Die ersten Christen Jerusalems waren Juden, die nach dem Pfingstfest weiterhin den Sabbat feierten und den Kult im Tempel pflegten."
10. 19 G. STRECKER, Art. Judenchristentum", TRE 17 (1988), S. 314.
11. 20 Vgl. D. STERN, Restoring the Jewishness of the Gospel, S. 22.
12. 21 Vgl. G. STRECKER, Art. Judenchristentum", TRE 17 (1988), S. 312.
13. 22 Vgl. S. MIMOUNI, Pour une définition nouvelle du judéo-christianisme ancien, S. 181.
14. 23 Unter diesem Namen werden sie bei Ephiphanius, Panarion 29, und bei Hieronymus, De viris illustribus 3, erwähnt.
15. 24 Vgl. H. MERKEL, Art. Ebjoniten", in: Evangelisches Kirchenlexikon (3. Aufl.) 1, Sp. 949ff.
16. 25 Vgl. Justins Dialog mit dem Juden Trypho 46,1 und 47,1f. Vgl. auch Ray PRITZ, Nazarene Jewish Christianity, S. 19f.
17. 26 Die Heidenchristen mußten das jüdische Gesetz nicht einhalten und den Judenchristen wurde nicht verwehrt, es weiterhin zu praktizieren.
18. 27 Vgl. Eusebius HE III, 5,3. Ob diese Flucht nach Pella stattfgefunden hat, ist in der Forschung umstritten, vgl. z. B. G. STRECKER, Art. Judenchristentum", TRE 17 (1988), S. 315.
19. 28 Vgl. K. H. RENGSTORF - S. v. KORTZFLEISCH (Hrsg.), Kirche und Synagoge Bd.1, S. 69.
20. 29 Mögen die Nazarener und die Häretiker schnell zugrunde gehen und aus dem Buch des Lebens getilgt werden", zit. in H. CHADWICK, Die Kirche in der antiken Welt, S. 16.
21. 30 Vgl. W. - D. MARSCH - K. THIEMEN (Hrsg.), Christen und Juden, S. 48. Vgl. auch K. WENGST, Bedrängte Gemeinde und verherrlichter Christus, S. 90-104.
22. 31 H. CHADWICK, Die Kirche in der antiken Welt, S. 17f. Vgl. auch Ray PRITZ, Nazarene Jewish Christianity, S. 109: Die Nazarener fuhren fort, als Juden gewisse Aspekte des Mosaischen Gesetzes einzuhalten, darunter die Beschneidung und den Sabbat; und genau dies war es, was ihren Ausschluß aus der Kirche herbeiführte. Diese Verwerfung und dieser Ausschluß geschahen jedoch allmählich." So auch P. von der OSTEN-SACKEN, Grundzüge einer Theologie im christlich-jüdischen Gespräch, S. 150:Spätestens um die Wende vom 2. zum 3. Jahrhundert wurden die im Land Israel und angrenzenden Regionen verbliebenen kleinen judenchristlichen Gruppen aufgrund ihrer [...] Treue zur Tora von der werdenden Großkirche in Rom als Häretiker gebrandmarkt."
23. 32 Vgl. den Babylonischen Talmud, Rosh Hashana 19a.
24. 33 Vgl. Justin, Dialog mit dem Juden Trypho, 46,1; 47,1f. Vgl. auch R. PRITZ, Nazarene Jewish Christianity, S. 19.
25. 34 Vgl. M. SIMON, Verus Israel, 21964, S. 282.
26. 35 Ders., Erste Homilie gegen die Juden, 6. Zit. im Urtext in: M. SIMON, Verus Israel, 21964, S.239 (Übersetzung A.H..). Chrysostomus wird ausführlich behandelt in M. SIMON, ebd., S. 256-263.
27. 36 Vgl. K. H. RENGSTORF - S. v. KORTZFLEISCH, Kirche und Synagoge, S. 73. Dem Vorwurf des Gottesmordes gegenüber den Juden wäre entgegenzuhalten, daß eigentlich vier Faktoren Jesus ans Kreuz gebracht haben: Gott der Vater, jeder Mensch durch seine Schuld, die Juden und die Römer.
28. 37 Vgl. z. B. Chrysostomus, nach dessen Ansicht es für die Juden keine Verzeihung und keine Besserung mehr gab, weil sie Christus getötet hatten. Vgl. Chrysostomus, Adversus Judaeos 6,2 (PG 48,907). Vgl. auch Karl Heinz RENGSTORF - Siegfried v. KORTZFLEISCH, Kirche und Synagoge Bd. 1, S.163.
29. 38 Vgl. R. PFISTERER, Von A bis Z, S.111ff.; P. FIEDLER - U. RECK - K. H. MINZ: Lernprozeß Christen und Juden, S. 118f. und The Thailand Report on Jewish People (s. Literaturverz.), S. 13.
30. 39 Vgl. A. G. FRUCHTENBAUM, The Quest for a Messianic Theology, in: Mishkan 2 (1985), S. 9.
31. 40 K. KJAER-HANSEN - O. KVARME, Messianische Juden, S. 26.
32. 41 Vgl. K. H. RENGSTORF - S. v. KORTZFLEISCH, Kirche und Synagoge Bd. 1, S. 100.
33. 42 Vgl. D. JUSTER, Jewish Roots, S. 145.
34. 43 WA (Weimarer Ausgabe) 11,307ff.
36. 45 Vgl. G. STRECKER, Art. Judenchristentum", TRE 17 (1988), S. 327.
37. 46 Z. B. der Erzbischof Julian von Toledo (gest. 690) und der Bischof Paulus von Burgos (ca. 1351-1435). Vgl. F. MAJER-LEONHARD, Art. Judenchristentum II. Im Mittelalter und in der Neuzeit", in: RGG3 3, Sp. 972.
38. 47 Vgl. das Interview mit Eckhard Maier im Video-Filmbericht Christusglaube unter Juden in Israel (s. Literaturverz.).
39. 48 D. STERN, Restoring the Jewishness of the Gospel, S. 27.
40. 49 M. DIXON, The Rebirth and Restoration of Israel, S. 123-133.
41. 50 D. JUSTER, Jewish Roots, S. 148f.
42. 51 A.F. GLASSER stellt in seinem Vortrag Jewish Identity Yesterday and Today (S. 30) dar, wie sehr sich die Definition, wer Jude ist und wer nicht, seit der Aufklärung und durch dieselbe verändert hat: Manche begründen ihre jüdische Identität mit der Abstammung, manche mit dem monotheistischen Glauben des Reformjudentums, andere mit dem Zionismus etc.
43. 52 D. JUSTER, Jewish Roots, S. 148. A. Baumann stellt dar, daß erst der Pietismus die Tradition des auch noch in der Reformationszeit herrschenden kirchlichen Antijudaismus brach (Vgl. Art. Judenmission", in: 3EKL 2, Sp. 855). Vgl. auch U. ARNOLDI, Pro Iudaeis. Die Gutachten der hallischen Theologen im 18. Jahrhundert zu Fragen der Judentoleranz.
44. 53 Vgl. D. JUSTER, Jewish Roots, S. 148.
45. 54 E. CARTWRIGHTS, The Petition of the Jews for the Repealing of the Act of Parliament for their Banishment out of England, London 1649, zit. in: Barbara TUCHMANN, Bibel und Schwert, S. 127.
46. 55 Vgl. M. DIXON, The Rebirth and Restoration of Israel, S. 125.
47. 56 P. BERNOW, Art. Judenmission", in: RGG3 3, Sp. 977.
48. 57 [...] iudaicas opiniones, quod ante resurrectionem mortuorum pii regnum mundi occupaturi sint, ubique oppressis impiis".
49. 58 Vgl. O. BETZ, Die güldene Zeit - Apokalyptisch-Eschatologisches Denken bei Fr. Chr. Oetinger, in: E. LUBAHN, O. RODENBERG (Hrsg.), Lebendige Hoffnung", S. 158; 164f. Martin Jung hat in seiner Dissertation Die württembergische Kirche und die Juden in der Zeit des Pietismus (1675-1780) nachgewiesen, daß sich der praktische Umgang der württembergischen Pietisten mit den Juden häufig von ihrer theologischen Ausrichtung unterschied. Er behandelt allerdings nur die Situation in Württemberg, wo zu jener Zeit in der Landeskirche eine stärkere antijüdische Haltung herrschte als anderswo (vgl. ebd., S. 280-282).
50. 59 M. DIXON, The Rebirth and Restoration of Israel, S. 125.
51. 60 Engl. Pray for the peace of Jerusalem".
52. 61 Vgl. K. CROMBIE, For the Love of Zion, S. 36-46.
53. 62 Kontextualisieren heißt, das Evangelium der jeweiligen Kultur der Zielgruppe anzupassen.
54. 63 F. MAJER-LEONHARD, Art. Judenchristentum. II. Im Mittelalter und in der Neuzeit", in: RGG3 3, Sp. 973.
55. 64 Zit. in: F. MAJER-LEONHARD, Christuszeugen aus Israel, S. 39.
56. 65 F. MAJER-LEONHARD, ebd., S. 40.
57. 66 Vgl. die ausführliche Behandlung Rabinowitz' in Kap. 3.
58. 67 [...] daß diese Konferenz seinen Vorstand ersucht, keine weiteren Schritte zur Gründung einer Hebräisch-Christlichen Kirche zu unternehmen, daß sie jedoch ihre volle und rückhaltlose Sympathie und Ermutigung gegenüber allen Hebräisch-Christlichen Kirchen ausspricht, die heute existieren oder noch eingerichtet werden, in denen das Evangelium Jesu Christi auf eine Weise gepredigt wird, die übereinstimmt mit den lehrmäßigen Grundlagen der Allianz, und wo alles anständig und ordentlich getan wird". Zit. in: H. SAMUEL, History of the International Hebrew Christian Alliance, in: Mishkan 14 (1991), S. 74-79.
59. 68 Vgl. das Interview mit Menahem Benhayim in dem Video Christus-Glaube unter Juden in Israel (s. Literaturverz.) und H. SAMUEL, ebd., S. 78.
60. 69 Vgl. K. KJAER-HANSEN - O. KVARME, Messianische Juden, S. 43.
61. 70 Das ist ein Studienzentrum.
62. 71 Vgl. D. JUSTER, The History of the Union of Messianic Jewish Congregations (U.M.J.C.), in: Mishkan 2 (1985), S. 63 u. 68.
63. 72 Zit. in: M. STÖHR, Martin Luther und die Juden, in: W. - D. MARSCH - K. THIEMEN (Hrsg.), Christen und Juden", S. 115.
64. 73 Diese wird im 6. Kapitel ausgiebiger behandelt.
65. 74 Vgl. D. STERN, Messianic Jewish Manifesto, S. 197f. H. Samuel spricht von 20'000 Messianischen Juden in achtzig bis neunzig Gemeinden (in den USA), vgl. H.SAMUEL, The History of the International Hebrew Christian Alliance, in: Mishkan 14 (1991), S. 78. R. Winer spricht von 100'000 messianischen Juden (Ders., The Messianic Jewish Alliance of America 1901-1939, in: Mishkan 15 (1991), S. 58.
66. 75 Gegründet 1976. Die Gottesdienste der Gemeinden dieser Organisation ähneln stark dem Synagogengottesdienst. Vgl. A. BAUMANN, Art. Judenchristen. 2. Geschichtliche Entwicklung und Judenchristen heute", in: 3EKL 2, Sp. 853.
67. 76 Diese Vereinigung hat eine eher traditionelle (d.h. den großen Konfessionen ähnliche) Ausrichtung. Vgl. A. BAUMANN, ebd.
68. 77 Vgl. den Art. Über 4000 Judenchristen in Israel, in: Idea-Spektrum 26 (25.6.1992).
69. 78 Vgl. D. STERN, Messianic Jewish Manifesto, S. 198.
70. 79 Vgl. The Hebrew Christian LXIII 4, 1990-91, S. 136.
71. 80 Vgl. K. KJAER-HANSEN - O. KVARME, Messianische Juden in Israel, S. 30ff.
72. 81 Vgl. den Art. Über 4000 Judenchristen in Israel, in: Idea-Spektrum 26 (25.6.1992)
73. 82 Vgl. K. KJAER-HANSEN - O. KVARME, Messianische Juden, S. 117f.